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voice recorder schrieb am 26.1. 2003 um 18:43:11 Uhr über

Reich

ginn der 1990er Jahre nach Einftihrung einer neuen Steuer (Quellensteuer) nüt Hilfe von in Deutschland illegalen Praktiken (z. B. ein Nummemkonto) einen Teil ihrer Vermögensantagen in den Finanzoasen Schweiz und Luxemburg tätigten, um die Steuer zu umgehen. Der Mindestanlagebetrag belief sich auf 300.000 DM. Als die Sache aufftog und praktisch alte deutschen Banken durchsucht wurden, da sie Beihilfe zur Steuerhinterziehung geleistet hatten, gab es große öffentliche Aufregung. Die ftirsorgliche staatliche >Erledigung< der Angelegenheit zieht sich bis heute hin; >die Öffentlichkeit( merkt so gut wie nichts; die großen Medien schweigen. Die Betroffenen zahlen den Teil der hinterzogenen Steuern nach, den man ihnen nachweisen kann, einige zahlen ein Bußgeld, teilweise in Mitlionenhöhe. Nicht einmal ein halbes Dutzend wurde strafrechtlich belangt, obwohl dies in viel größerem Maßstab möglich und vom Gleichheitsgrundsatz der Verfassung her geboten wäre. 14
Schweigsam bleibt auch der Regierungsbericht beim wichtigstenTeildesPrivatvermögens, nämlichdemproduktions-oder Betriebsvermögen. Hier nähert man sich auch der Macht, oder könnte es tun. Aber in dem unscheinbaren Kapitel Weitere Aspekte der Vermögensverteilung ist dieses Vermögen mit einigen Andeutungen versteckt. 1,2 Billionen Euro soll das Vermögen der 600.000 Kapitalgesellschaften (Aktiengesellschaften und GmbH) und 2,4 Millionen Personengesellschaften betragen. Das dürfte
weit untert:rieben sein. Es fehlen z. B. alte Unternehmen und Un-
temehmensanteite im Ausland - auch dies wieder scheinbar wi-
dersprüchlich bei einer Regierung, die sich der globalen Perspek-
tive der Wirtschaft verschrieben hat. Dieses enorme Vermögen sei
in die Berechnung des privaten Vermögens »nicht einbezogen«,
so die Regierung knapp.
figes Maß Geht man von dem auch im Bericht der Bundesregierung zu-
Reichtum: grunde gelegten Annutsbegriff aus - Armut besteht dann, wenn
hrung des weniger als die Hälfte des durchschnittlichen Arbeitnehmerein-
für Armut kommens verfügbar ist -, dann bedeutet dies im Umkehrschluss:
Reichtum besteht dann, wenn mehr als die Hälfte des durch-
schnittlichen Arbeitnehmereinkommens zur Verfügung steht.
Das ist heute in Deutschland ein Betrag ab etwa 5.500 Euro mo-
natlich netto pro Haushalt.

14 1 Werner Rügemer: Der Deal von Düsseldorf - Die Justiz und die Banken, in: Freitag, Ausgabe vom 16.4.1999

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Ab einer solchen Grenze etwa ist nämlich der qualitative Umschlag nach oben möglich: Es kann ohne Schwierigkeiten ein Drittel des laufenden Erwerbseinkommens für die Vermögensbildung verwandt werden. Dies erlaubt eine dauerhafte Unabhängigkeit von Unsicherheiten der Arbeitswelt. Hinzuzurechnen sind dann noch die sich daraus generationenbedingt ergebenden Zusatzeinkommen wie Erbschaften. Dies ist der international verwandte Reichtumsbegriff der Sozialwissenschaften."
Danach waren bereits im Jahre 1993 etwa 1,759 Millionen Haushalte in Deutschland reich. Legt man die gegenwärtige Dynanük dieser Reichtumsbildung zugrunde, dass nämlich seit den 1980er Jahren sich diese Gruppe jährlich um 10 Prozent vermehrt, so haben wir es heute nüt schätzungsweise mindestens 2,5 Millionen reichen Haushalten zu tun, also n-ät mindestens 5 Millionen Personen. 16 Danach ist die Zahl der Reichen weitaus höher als die Zahl der Soziathilfeempfänger. Erstaunlich, nicht wahr?
Ähnliche Verhältnisse herrschen auch in vergleichbaren Industriestaaten wie Frankreich, Belgien, Niederlande und Großbritannien. Wir können also feststellen, dass nicht nur die Zahl der Armen, sondern auch die Zahl der Reichen künstlich kleingerechnet wird.
Der Vollständigkeit halber sei erwähnt, dass der Reichtumsbegriff der Bundesregierung auch das außer Acht lässt, was neben dem ökonomischen Kapital in den Sozialwissenschaften >symbolisches Kapital( genannt wird, also die kulturellen und sozialen Kenntnisse und Fähigkeiten, die nicht nur in Institutionen wie Schulen und Universitäten, sondern auch im eigenen und fremden Milieu erworben werden"; davon kennt die Regierung nur den reduzierten Aspekt des staatlich zertifizierten >Bildungsstatus<.
Außerhalb öffentlicher Statistiken wird freilich über Aspekte Reichtum des wirklichen Reichtums sehr viel genauer Buch geführt. Die weltweit Banken und Vermögensberater etwa analysieren regeünäßig ih-

15 1 Vgl. Ernst-Utrich Huster: Reichtum in Deutschland. Die Gewinner der sozialen Polarisierung, in: Jörg Stadlinger: Reichtum heute. Diskussion eines kontroversen Sachverhalts, Münster 2001, S. 19
16 Vgl. ebd.
17 Vgl. Pierre Bourdieu: Die feinen Unterschiede. Kritik der gesell-
schaftlichen Urteilskraft, Frankfurt/Main 1987, S. 32 ff.

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