Bulimie

Das hat vielleicht ein wenig damit zu tun, dass man dünn sein möchte, aber vor allem damit, dass man sich selbst nicht leiden kann und sich am Boden sehen will.
An nichts denken müssen, wenn man sich alles mögliche in den Mund stopft, zum Klo zu gehen, angewiedert von sich und sich dann die Seele, den ganzen Streß, die Anspannung den ganzen Scheiß aus dem Leib kotzen....
Und dann wieder alles von vorne....
schon allein beim Einkauf, sind die tränen da, man betrachtet sich und fragt sich, was tue ich da eigentlich. Jedes mal ist man überzeugt, diesmal ist es das letzte mal. Ich kann damit einfach aufhören.
Und dann fragt man sich, bin ich so doof, warum schaffe ich es nicht, bin 3 Monate in der Klinik gewesen, werde weiter betreut und ich weiß, ich will damit aufhören- also warum tue ich es nicht einfach????
Es muss doch einen Weg geben, sich zu mögen, sich zu akzeptieren und vielleicht auch zu akzeptieren, das der Mensch nun einmal essen muss.
Und es auch darf...

von oben gesehen schaut man viel dicker aus als von der Seite.

dachte auch: dünn = schön ..
dachte auch: Bulimie? - ich nie!
dachte auch: Bulimie ist eine Frauenkrankheit
dachte auch: was mischen sich meine Eltern in meine Angelegenheiten ein?
dachte auch: ich mach das nur bis ich 65 kg (bei 1,83) habe
dachte auch: ich kann ohne hilfe sofort aufhören

najo: ganz los gekommen bin ich nicht, kotz noch ab und zu, aber sehr selten.
habe jetzt aber jemand anders als Vorbild. geil, jung, hübsch, muskulös, bißchen was auf den rippen :-)

ich jetzt: 1,83 - 72 kg bei viel Sport und viel Essen :-)

Aufstehen und hunger haben und die Nase voll und überhaupt und dann rausgehen und trotzdem lächeln und Lippenstift nachziehen. Von der Verspätung der Busse sprechen und vom Wetter und im Kopf Kalorien addieren. Abends nach Hause kommen und Schokolade und Nudeln essen bis man das denken vergisst und dann kotzen und wiegen und schlafen endlich, und ein bißchen heulen vielleicht.

Ich kann mich als Unbetroffener ja irren, aber ich glaube, es geht bei Bulimie überhaupt nicht darum, daß Leute mit diesem Leiden unbedingt schön oder dünn sein wollen.
Es geht darum, daß sie das Gefühl haben, daß andere das von ihnen erwarten und sie an diesem Maßstab messen.
Die Leute müssen (mühsam) lernen, sich selber schön zu finden, und aufhören, sich durch die Augen von anderen zu sehen.
Insofern sind solche wohlmeinenden Beteuerungen wie »Du bist auch nicht dünn noch schön!« doch wohl völlig unangebracht. Wenn ich sowas lese, dann kommt ja sogar mir schon fast die Kotze hoch.