Verbalsex

Klingt ja erst mal supergeil. Wollte ich auch haben, am Besten per Telefon. Ich hatte aber leider keine Freundin, und auch kein Geld für eine richtig teure Telefonsexline.
Da habe ich halt bei so einer Billigline angerufen, warum auch nicht, dachte ich mir so. Leider kam aber nur Gelaber vom Band. Tja, dumm gelaufen, aber da ja pro Minute abgerechnet wurde, hab ich einfach mal 'n paar Momente reingehört. Ich hatte den Hörer in der linken am Ohr, während ich mit der Rechten ... auf einmal mitten in der Bewegung erstarrt bin! Ich traute meinen Ohren kaum, denn auf einmal antwortete der säuselnden Frauenstimme die männliche Stimme eines mit auf dem Band aufgezeichneten Anrufers! Den hatten sie zwar leiser gedreht, aber man hörte ihn doch noch sehr deutlich, sogar wie er sich mit Vornamen vorstellte! Ich sage euch, die Stimme hätte man wiedererkannt, wenn man ihn gekannt hätte! Wie in Zeitlupe sah ich meine linke Hand den Höhrer auflegen. Ich löste mich aus meiner Erstarrung und schloss meine Hose, da ich jetzt sowieso wieder schlaff geworden war.
Das die sowas einfach machen! Hätte ich die teurere Nummer gewählt, wäre ich vielleicht derjenige gewesen?! Na ja, ich will ja nicht unterstellen, dass das alle machen, wohl eher die wenigsten (hoffe ich). Aber das fand ich schon dreist, und mein Bedarf an Verbalsex war erst mal gedeckt.

Es mag eine Altlast meiner protestantischen Erziehung sein, aber ich bin kein Freund großer oder gar übertrieben schmutziger Worte beim Sex. Eine euphorische Interjektion, vielleicht auch eine Anmerkung zu technischen Fragen, gewiß, aber da ich in kurzfristig angelegten wahlverwandtschaftlichen Fragen ein großer Freund des Potentialgefälles bin (vgl. Kutschersyndrom), wäre es mir doch einigermaßen irritant, wenn mich Sätze vom Schlage »Du schwanzgeiler Pimmelaugust, ich melk dir deine Ficksahne ab, bis dir die Nüsse kochen!« gewissermaßen mit heruntergelassenen Hosen anträfen. Umgekehrt fände ich aber auch den Gedanken absurd, mich mit einem Menschen, welcher mir kurz zuvor ein Rimming verpasst hat, hinterher bei einer Tasse Darjeeling über die leitmotivischen Akkordverschiebungen in der Wagnernachfolge zu unterhalten. Ich umgehe diese Scylla und Charybdis der Schizerotik zumeist durch einen im sonstigen Leben eher Schwach ausgeprägten Hang zum Schweigen mit gelegentlichen Einwürfen freundlicher Blicke, wie es auch bei Friseuren niemals den gewünschten Effekt verfehlt, die mir höchst unangenehme Prozedur des Haareschneidens ohne eine Diskussion über Fernreiseziele und die aktuellen Superstars der Unterhaltungsbranche zu überstehen.