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Heiner Müll schrieb am 14.4. 2009 um 00:02:49 Uhr über

Bock

Eigentlich habe ich keinen Bock. Auf nichts. Eine kurze aber effektive Krebserkrankung käme mir gelegen. Ein halbes Jahr auf irgendwelchen heroinderivaten chillen und dann ein schneller Herzinfarkt oder so. Herzinfarkt ist eh das beste, wenn es gut geht, hat man vorher nicht mal Schmerzen im Leibe. Und wenn doch, sind sie meistens nicht so dramatisch, das wird schon gerne mal mit Sodbrennen verwechselt, habe ich mir sagen lassen. So schlimm kann es also nicht sein. Und dann einfach eine tiefe Ohnmacht. Pech nur, wenn man aufgrund von Rettungsmaßnahmen, oder auch einfach nur so, nach ein paar Minuten wieder aufwacht. So eine Mehrfachbehinderung ist nicht immer schön! Im Grunde ist sie sogar immer und jederzeit unschön, wie mir spätestens im Zivildienst klar wurde. Deshalb sehe ich auch seit langem davon ab, mir eine Schachtel Schlaftabletten mit drei Flaschen Vodka runter zu spülen. Rettungsmaßnahmen könnten zwar ausgeschlossen werden, da mich geschätzte 3 Wochen wahrscheinlich niemand vermissen würde. Aber auch die Aussicht, halb gelähmt in der eigenen Wohnung zu verhungern und/oder zu verdursten, ist mir unangenehm. Sie hält mich von solchen Dingen ab. Außerdem hätte ich keinen Bock, mir entsprechende Schlaftabletten zu organisieren, da braucht es natürlich schon was härteres, da fehlt mir aber das Organisationstalent zu, ganz offensichtlich. Kein Bock, im Grunde. Ganz zu schweigen von den »harten Methoden« des Selbstmords. Von einem Zug will ich mich nicht überfahren lassen, wie dieser Merkle in seinem Unternehmerstolz. Gräßlich. Es dürfte wohl auch ein Fehlschluss sein, zu meinen, das wäre ein gnadenvoll schneller Tod. Zerteilt vom Fahrwerk (nennt man das so?) eines Regionalzuges. Da müsste man wohl schon den Kopf auf die Gleise legen und gute Nerven beweisen. Die meisten werden kurz vor bevor sie unter Tonnen von rasendem Metall zerfetzt werden, wohl doch noch mal versuchen, einen schnellen Renner hinzulegen. Nein, nein. Das ist ganz schlimm. Gar nicht so viel Unbehagen bereitet mir dagegen die Vorstellung an die sonst im Grunde weitläufig verfemte Methode des Fenstersturzes. Ab gewissen Höhen ist ein Mißerfolg einfach unwahrscheinlich. Und man wird wohl mit dem Aufschlag garantiert erst mal ausgeknockt, verliert das Bewußtsein. Himmel ich habe schon das Bewußtsein verloren, als ich mal, betrunken, aus dem Stand auf den Boden geknallt bin. Da werden 10 Meter wohl mehr als ausreichen. Den oft problematisierten Weg nach unten - hier gibt es in der Regel in der Tat keinen Weg zurück, zumeist, verfügt man nicht über sagenhafte Kräfte - kann man auch als wilkommenen Zusatz nehmen. Andere zahlen GELD, um an einem Gummiseil sich von Baukränen, oder mit einem Fallschirm aus einem Flugzeug zu stürzen! Allein, es ist nicht sicher. Man kann auch nach einem beherzten Sprung aus dem 10. Stock überleben. Zumeist entsprechend lädiert. Auch gibt es ja fast keinen Ort, an dem man problemlos aus solcher Höhe praecipitieren könnte (lat. praecipitare = kopfüber herabstürzen. Ich bin kein Lateinprotz, aber dass diese Sprache ein eigenes Wort für diesen im Grunde doch unerbaulichen Zustand hat, fand ich schon immer lustig... Wahrscheinlich, weil man Stadt- bzw. Staatsfeinde gerne einmal vom »Tarpeischen Felsen« werfen liess. Der ist auch nicht gerade hoch... Im Grunde dürften die meisten das eine ganze Zeit lang überlebt haben). Nichts in diesem Leben ist sicher, nicht einmal im Selbstmord ist man sicher. Sicherheit, ich verlange Sicherheit! Unsicherheit ist eine der wesentlichen Gramesgründe, die mir dieses Erdenleben verleiden. Daraus entsteht Unlust und eine generelle Weltflucht, aber natürlich: auch Unlust gegenüber dem Tode. Nun, vielleicht eher vor den gewiss nicht angenehmen Schritten, die auf dem Weg dahin zu unternehmen sind. Außerdem könnte man ja den einen oder anderen guten Vollrausch verpassen. Und im Grunde habe ich darauf keinen Bock.


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