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Max van der Moritz schrieb am 4.8. 2002 um 14:55:04 Uhr über

SilvioGesell

Einige kontroverse wirtschaftliche Anschauungen.

Churchill hat sich einmal darüber beklagt, daß man, wenn man vier Ökonomen um Rat fragt, fünf verschiedene Antworten bekommt. Ich kann mich nicht mehr erinnern ob es Roosevelt war, der gesagt hat daß man, wenn einmal fünf Ökonomen einer Meinung seien, man mit Sicherheit annehmen kann, daß diese Meinung falsch sei.

Jedenfalls wollen wir mit diesen Aussagen im Sinn uns an einige Anschauungen wagen.

Da ist einmal die Anschauung, daß heute Bargeld nur sehr wenig Einfluß auf die Konjunkturzyklen hat, weil die Entscheidungen dort gemacht werden wo Bargeld fast keine Rolle spielt, nämlich in der Produktions und Großhandelssphäre.

Das ist aber sicherlich eine falsche Anschauung.

Im riesigen Wechselbeziehungsgefüge einer Volkswirtschaft mag es zwar den Anschein haben, daß es anders sei, aber die wesentlichen Entscheidungen, ob und zu welchen Preis etwas gekauft wird, werden vom Letztverbraucher gemacht. Erst der eventuell fehlende Absatz führt dann zum Lagerabbau im Einzel und Großhandel und nachfolgender Einschränkung der Produktion. Niemand wird etwas produzieren, wenn kein Großhändler kauft und sein Lager abbauen will und dasselbe geschieht im Einzelhandel, ohne Verkauf und das ist zum größten Teil Barverkauf, hätten die Einzelhändler auch gar kein Geld weiter einzukaufen. Schulden dafür zu machen wäre in diesem Fall kaufmännischer Selbstmord und der sicherste Weg in die Pleite.

Im umgekehrten Fall, wenn die Letztverbraucher, vielleicht weil sie sehen, daß ihr Geld durch die Inflation immer weniger wert wird, mit ihren letzten Geld noch schnell einkaufen, bevor die Sachen noch teurer werden, ist der Beginn der Kausalkette wieder hier. In vielen Fällen verschulden sich die Leute deshalb sogar und rechnen damit, daß sie später diese Schulden mit entwerteten Geld leicht zurückzahlen können.

Der Einzelhändler wird seine Waren los und kauft beim Großhändler nach und der bestellt beim Erzeuger.

Viele Nationalökonomen sehen wie gebannt die großen Summen bei den Umsätzen in der Produktion oder im Großhandel und vergessen ganz, daß die Umsätze im Letztverbrauch wesentlich größer sind. Es ist doch so, daß jede einzelne Ware in der Regel nur einmal letztverkauft und dann verbraucht wird.Das liegt in der Natur der Ware. Sie scheint auch nur einmal im Detailhandel und im Großhandel und in der Produktion auf, nur mit wesentlich geringeren Preisen.

Der Umsatz in der Produktion ist im Gesamten deshalb nur etwa ein Viertel des Umsatzes im Endverkauf. Die vielen kleinen Käufe müssen sich aus der Natur der Sache heraus bis zum vierfachen des Umsatzes in der Produktion summieren.In diesen Preisen müssen auch alle Kosten einberechnet werden.

Jeder einzige Dollar (oder welche Währung auch immer) der für Zinsen oder Steuern bezahlt wird scheint im Endverbraucherpreis auf. So sieht man das belustlgende Schauspiel, daß sich viele Leute über die Steuern freuen die »reiche« Kaufleute und Produzenten zahlen müssen, wahrend sie als Konsumenten diese selber zahlen müssen.

Die Bedeutung des Letztumsatzes und damit die Bedeutung des Bargeldes wird von der Nationalökonomie und auch von vielen Freiwirten gröblichst unterschätzt und die (verschleierten) Kosten der Geldersatzmittel fast nie erkannt.

Mit umlaufgesicherten Bargeld und einem festen Preisstand würde der Zins sehr schnell sinken - er wäre auch heute ohne den Antrieb durch die Börsenspekulation schon unter der Rentabilitätsgrenze. Dann würden aber auch die tatsächlichen Kosten der Geldersatzmittel nicht mehr verschleiert werden können und sie würden deshalb viel an Bedeutung verlieren.

Mit anderen Worten: die Größe h ( Handelscharakteristik) in der bereinigten Quantitätstheorie des Geldes, d.h. das Verhältnis von baren und unbaren Geldumlauf würde sich zu Gunsten des Bargeldes verschieben. Hier noch einmal die Formel: G x U ( 1 + h ) (Geldseite)

P = -----------------------------------

W (Warenseite)

Daß der Endverbraucher als Konsument in der Regel vorher Produzent gewesen sein muß, damit er überhaupt Geld hat um als Konsument aufzutreten, muß auch einmal näher untersucht werden. Er hat einmal die Kappe des Produzenten, weder als Selbstständiger oder als Arbeiter und dann den Hut des Konsumenten auf. Diese

Doppelrolle verwirrt manche Leute und sie glauben, daß man Konsument sein kann ohne vorher etwas geleistet zu haben. Man kann das auch, solange der Staat es mit Gewalt den Produzierenden abnimmt und es den Nurkonsumenten zuschanzt.

In vielen Fällen sind die Grenzen sehr verwischt und manche Leute sind gleichzeitig Nutznießer und Opfer dieses Systems. Genau wie es keine wirklich Schuldigen gibt, gibt es auch keine wirklich Unschuldigen.

Die Anschauung, daß die Nationalbank die Zinsen erhöhen muß, damit sie die Inflation bekämpfen kann, steht auch auf sehr wacklichen Füßen. Erstens einmal müssen sich die höheren Zinsen als Kosten in den Preisen niederschlagen und zwar auf allen Preisen. Eine allgemeine Preiserhöhung wegen der hohen Zinsen ist aber doch wohl Inflation. Oder nicht? Wer zwingt die Nationalbank denn, überhaupt mehr Geld zu drucken ob hohe oder niedrige Zinsen? Was würde passieren, wenn sie sagt: » Es ist genug Geld im Umlauf, verwendet das was hier ist besser.«? Das machten sie im Zeitalter der Golddeckung doch auch.

Da könnten die Geschäftsbanken das sogenannte Giralgeld, welches in Wirklichkeit Kredit und Schuldverhältnisse sind nicht mehr uferlos ausweiten. Sie müßten ja damit rechnen, daß ihre Gläubiger, die Inhaber von positiven Girokonten, Bargeld beheben wollen und was macht die Bank dann, wenn sie das eingelegte Bargeld schon weiterverliehen hat und das womöglich langfristig? Was macht sie, wenn ihre Kassenhaltung nicht ausreicht um das Geld auszuzahlen?

Heute geht sie im Notfall zur Nationalbank und leiht sich Geld aus und wenn die Nationalbank auch keines mehr hat, weil schon zu viel verliehen ist, dann druckt die einfach neues. Auf diese Weise wurde und wird aber die Geldmenge immer weiter aufgebläht

Was würde aber passieren, wenn das Bargeld nach den Vorschlägen von Gesell eine Umlaufsicherung erhält? Man müßte es nicht mehr durch hohe Zinsen in den Umlauf bringen und die Zinsen könnten gesenkt werden ohne den Warenumsatz zu stören.

Dann erst könnte man durch einfache Geldmengenregulierung einen festen allgemeinen Preisstand - somit eine gleichbleibende Kaufkraft einer Währung erreichen. Dadurch würde die jetzt in den Zinsen enthaltene Inflationsprämie überflüssig werden. Die Höhe der Zinsen spielt auch keine Rolle bei der vielbeschworenen Allokationsnotwendigkeit mit der die Zinsen verteidigt werden. Die ist gleich wirksam bei einem Zinsunterschied von plus 5 zu plus 4% oder von Null zu minus1%.

Die relative Höhe der Zinsen ist auch heute für die Geschäftsbanken von untergeordneter Bedeutung. Sie leben vom Unterschied zwischen den Zinsen, die sie für Einlagen bezahlen und den Zinsen, die sie für Kredite verlangen. Ob der Unterschied zwischen neun und zehn Prozent ist oder zwischen minus eins und null Prozent ist dabei mehr oder weniger gleichgültig . Mit umlaufgesicherten Bargeld wären die Banken allerdings gezwungen für täglich fällige Einlagen eine gewisse Bereitstellungsgebühr zu verrechnen, um die Kosten der dafür notwendigen Kassenhaltung auszugleichen. Eine Zinsleiter, wie sie Creutz und Kennedy beschreiben, würde sich so automatisch ergeben und braucht deshalb nicht gesetzlich verordnet werden.

Das einzige Gesetz, das wir brauchen, ist die gesetzliche Verpflichtung der Nationalbank für die Priorität einer festen Kaufkraft. Das ist alles!

Und dabei meine ich feste Kaufkraft, nicht etwa ungefähr feste Kaufkraft oder gar steigende Kaufkraft, was Deflation sein würde. Feste Kaufkraft und kein Wenn oder Aber! Sowohl Deflation wie Inflation sind Betrug! Inflation ist Betrug am Sparer und Deflation ist Betrug am Schuldner.

Wenn sie einen festen Preisstand nicht halten können und so schaut es wohl aus, dann sollen sie das gefälligst zugeben und nicht andere Leute verfolgen, die es könnten.Wenn sie es selber nicht tun wollen oder können gibt es zwei Möglichkeiten, wenn wir eine feste Währung haben wollen. Entweder sie lernen wie oder sie lassen es zumindest zu, daß es andere machen, die es können.











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