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wuming schrieb am 16.6. 2007 um 23:05:19 Uhr über

deterritorialisierung

Trans Internet-Zeitschrift für Kulturwissenschaften 13. Nr. Juni 2002

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Weltanschauungen sind Vokabelmischungen
Deterritorialisierung und Hybridisierung als Entgrenzungsstrategien der Avantgarde

Birgit Mersmann (Seoul)
[BIO]



Wenn heute von transnationaler Kommunikation, Weltkultur und Weltgesellschaft die Rede ist, dann wird der dort hinführende Globalisierungsprozess häufig als Expansion der Moderne gedacht. Während Ulrich Beck den Zusammenbruch der bestehenden Weltordnung durch den ernormen Globalisierungsschub als Chance und Aufbruch in eine zweite Moderne begreifen will, sieht Anthony Giddens in der transnationalen Verschiebung zur Weltgesellschaft eine Konsequenz der Moderne.

Dieser historische Rückverweis hat, wie immer man auch die damit verbundenen Implikationen bewerten mag, in den letzten Jahren die multidisziplinäre Erforschung transnationaler Prozesse ungemein beflügelt. Auch dieser Beitrag hat es sich zum Ziel gesetzt, transnationale Ansätze zur Überwindung »nationaler Denkungsart« in vergangenen Epochen aufzuspüren, nicht um Analogien zur Gegenwart zu konstruieren, was unzulänglich wäre, sondern um einen Bogen dorthin zurückzuschlagen, wo Inter- und Transnationalität zum ersten Mal als kunstprogrammatischer Imperativ gesetzt wurde und dadurch, trotz nachfolgender Diskontinuitäten, zum Motor einer weitreichenden Entwicklung auf dem Weg zu einer Weltgesellschaft und globalen Kultur werden konnte.

Der Fokus ist auf die radikale Moderne gerichtet: die Avantgardebewegungen, die als Plural-Ismen bereits a priori im beziehungsreichen Schnittfeld zwischen Globalisierung und Partikularisierung stehen, und hier vor allem auf den Dadaismus und Konstruktivismus, da diese Bewegungen »Brennpunkte internationaler Energien« waren. Der kulturwissenschaftliche und mediologische Blick macht es möglich, den Dadaismus, der leider oft aufgrund seines omnipräsenten Negations- und Spieltriebes nicht ernst genommen und zu leichtfertig ad acta gelegt wurde, neu zu erschließen als Pionierbewegung einer umfassenden, grenzsprengenden Neudefinition von Literatur und Kunst als Medium transnationaler Kommunikation.

Das Konzept der Deterritorialisierung, das von Gilles Deuleuze und Claire Parnet in »Dialogues«(1) vorgestellt wurde, soll in erweitertem Funktionsradius fruchtbar gemacht werden, um die vielfältigen Grenzüberschreitungen, die von der Literatur der Avantgarde, insbesondere vom Dadaismus und Konstruktivismus unternommen wurden, neu erfassen und strukturieren zu können: die bewusste Überschreitung und Überwindung nationalstaatlicher und nationalkultureller Grenzen, der Sprung von der Einsprachigkeit in den Multi- und Translingualismus, der Übertritt von Kunst in Leben und das Eintauchen der Kunst in die Welt bzw. die Kulturen der Welt von Marrakesch bis Ozeanien, der Blickwechsel von Europa nach Asien, die Intermedialität der Künste, die Zuflucht der Literatur im Distributionsexil der Massenmedien, das Shiften von der Expression zur Inskription, von der Aussage zum Medium.

1. Dada als transnationale Bewegung
Wenn Transnationalität als Überwindung von Nationalität und Nationalismus gedacht werden kann, dann ist Dada in seiner ästhetischen Fundierung von seiner Geburtsstunde an transnational. In der Chronik der Gründer schreibt Richard Hülsenbeck:

Wir waren alle durch den Krieg über die Grenze unserer Vaterländer geworfen worden. [...] Wir hatten alle keinen Sinn für den Mut, der dazu gehört, sich für die Idee einer Nation totschießen zu lassen, die im besten Fall eine Interessengemeinschaft von Fellhändlern und Lederschiebern, im schlechtesten eine kulturelle Vereinigung von Psychopathen ist, die wie im deutschenVaterlande', mit dem Goetheband im Tornister auszogen, um Franzose und Russen auf Bajonette zu spießen.(2)

Und Theo van Doesburg konstatiert 1923 in der Zeitschrift »De Stijl«:

Man könnte den Dadaismus den übernationalen Ausdruck kollektiver Lebenserfahrung der Menschheit während der letzten zehn Jahre nennen. [...] Dada hat weder Vaterland, noch Nationalität. Es entstand plötzlich an verschiedenen und weit verstreut liegenden Stellen: Amerika, Schweiz, Frankreich, Deutschland usw., und zwar aus einem allgemeinen Widerstand gegen unsere gesamte Denkungsart.(3)

Die Verortung der Bewegung jenseits von Nationalität war Programm. Wenn sich dennoch in der Gründungsphase des Dadaismus einige Mitglieder gegen den Pazifismus und für den Krieg aussprachen, so darf dies nicht als Widerspruch gewertet werden, denn man bekämpfte bewusst Gleiches mit Gleichem, bediente sich national(istisch)er Strategien, um den Nationalismus in all seinen Formen zu persiflieren und dadurch zu überwinden.

Ohne Übertreibung lässt sich sagen, dass Dada trotz oder auch aufgrund seiner Marginalität eine weltweite Kunstbewegung war. Dada war internationaler als jede Kunstrichtung zuvor, weil es sich bewusst weltmännisch gab, weil es Internationalität und Multikulturalität zum Programm der eigenen Bewegung machte. Dada sollte zum »Brennpunkt internationaler Energien« und dadurch zu Weltkunst werden. Im folgenden möchte ich kurz anhand von Originalzitaten darstellen, wie Dada Internationalität programmatisch vertritt, mit welchen Mitteln eine Internationalisierung im Sinne einer Globalisierung aktiv betrieben und dadurch auch ein neuer Literatur- und Kunstbegriff fundiert wurde, der in letzter Konsequenz für den aktuellen »cultural turn« in den Geisteswissenschaften verantwortlich gemacht werden kann.

1.1 Transnationalität und Exil
Der Dadaismus war notgedrungen ein internationales Produkt. Man musste etwas Gemeinsames zwischen den Russen, Rumänen, Schweizern und Deutschen finden ...
Erste Dadarede in Deutschland, gehalten von Richard Huelsenbeck im Februar 1918.(4)

Neben vielen anderen Faktoren wirft der Krieg die Menschen über die eigenen Landesgrenzen und löst so transnationale Prozesse aus. Die Krisensituation des Exils drängt zu Kulturverständigung und der Suche nach dem Verbindenden. In der Negation der bestehenden nationalen Denkungsart und dem Kampf um Pazifismus finden die Dadaisten einen gemeinsamen Nenner. Da der Dadaist heimatlos ist oder ein Fremder im eigenen Land, kann er überall auf der Welt zu Hause sein.

1.2 Globale Verständlichkeit
Dada ist ein Wort, das in allen Sprachen existiert - es drückt nichts weiter aus als die Internationalität der Bewegung, mit dem kindlichen Stammeln, auf das man es zurückführen wollte, hat es nichts zu tun.
Erste Dadarede in Deutschland, gehalten von Richard Huelsenbeck im Februar 1918.(5)

Ungeachtet verschiedener anderer Worterklärungen wird hier deutlich, dass die Universalität der Bezeichnung ein wichtiges Kriterium war, um die Bewegung in die Welt tragen zu können. Das Wort Dada ist eben deshalb translingual, weil es als Universalie in allen Sprachen zu Hause ist. Nur ein Sprachpartikel kann diesen Universalitätsanspruch erheben. Gerade in seiner Uni(versal)sprachlichkeit aber ist Dada vielsprachig. Dies untermauert u.a. die Tatsache, dass das Wort »Dada« nicht erst von den Dadaisten als Universalie konstruiert wurde, sondern dass es bereits existierte, und zwar als Produktname für haarstärkendes Kopfwasser und Lilienmilchseife. Die globale Verständlichkeit des Produktnamens, sein Translingualismus, entscheidet darüber, inwieweit es den internationalen Markt erobern und zum »global player« werden kann. Sprachpartikel und Markenartikel ergänzen sich wechselseitig.

1.3 Literatur von Welt - Literatur für die Welt
Dada hat dagegen durchaus weltmännischen Charakter, Dada ist das Produkt internationaler Hotelfoyers, Dada ist auf dem Boulevard Sewastopol so gut zu Haus wie in der Calle Arenal und Unter den Linden.
Hans Baumann: Eine dadaistische Privatangelegenheit.(6)

Dada repräsentiert weltweit alles, was jung, lebendig, sportlich ist... Dada ist amerikanisch, Dada ist russisch, Dada ist spanisch, Dada ist schweizerisch, Dada ist deutsch, Dada ist französisch, belgisch, norwegisch, schwedisch, monegassisch.
Walter Conrad Arensberg: Manifest. Dada ist amerikanisch.(7)


Dada ist glokal. Es ist in der Welt zu Hause, gibt sich kosmopolitisch und kosmoökonomisch, aber es verortet sich auch national. Dada ist omni- und multipräsent, es situiert sich zwischen Globalismus und Pluralismus, Trans- und Multinationalität. Zur Welt(kunst)bewegung meinte Dada nur deshalb aufsteigen zu können, weil es sich nicht als Kunst- sondern Geistesart in der Tradition der von Kandinsky maßgeblich forcierten »Internationale des Geistigen« definierte. Nicht nur der Nationalcharakter der Kunst, auch die Kunst selbst sollte überwunden werden. Nur so hoffte Dada zur erwünschten Transnationalität vorzustoßen. Dass Dada sich nicht als Ismus verstanden wissen wollte, bestätigt diesen Globalisierungsanspruch. Die Antikunst-Strategien, die der Dadaismus entwickelte und konsequent anwandte, stehen im Kontext dieser Bestrebungen einer Überwindung von Kunst als nationaler Denkungsart und Kunst als Kunst. In diesem Sinne könnte man Dada als Trans(it) Art definieren.

1.4 Hybridkultur und Transkulturalität
Man beschuldigt Dada eines Verbrechens: deutsch zu sein! Das ist ein Holzweg. Deutsche Kunst. Gibt es vielleicht französische Kunst? [...] Es gibt ein Stück Erde, das aufgrund seiner physikalischen Beschaffenheit einen bestimmen Geist hervorbringt ...
C. Ribemont-Dessaignes: Dadaland, übersetzt aus dem Französischen von Walter Mehring(8)


Die französische Besonderheit ist dahin präzisiert, einen Haufen verschiedenster Produkte zu absorbieren, ohne daran einzugehen, sie mit einem spezifischen Parfum zu umgeben, dass man sich überall über den Ursprung dieser Zusammensetzung täuschen lässt und von Amerika bis zur Tschecheslowakei sagt: "Entzückend! Echt französischer Geschmack
Georges Ribemont-Dessaignes: Dadaland.(9)

An das Modell einer Nationalkultur, im besonderen die Vorstellung vom Nationalcharakter der Kunst wird eine radikale Absage erteilt. Von der Fähigkeit, Fremdkulturen aufzunehmen, hängt es ab, inwieweit eine Nationalkultur Weltkultur repräsentieren und damit auch global präsent sein kann. Indem Heterogenitäten innerhalb einer Nation konstatiert und zudem als Zeichen einer reichhaltigen und hohen Kultur hervorgehoben werden, wird das nationalkulturelle Modell als Identitätskonstrukt entlarvt und das transnationale Modell einer Hybridkultur als wirklichkeitsnahes und zeitgemäßes Weltkultur-Modell favorisiert.

1.5 Globalisierung
Dada ruht nie. - Dada vermehrt sich.
Kölner Dadaisten anlässlich ihrer großen Ausstellung(10)

Dada wird als eine »unaufhaltsam und unbeirrbar vorwärtsdrängende Weltbewegung« beschrieben,(11) die sich über alle Erdteile verbreitet. Der Gedanke des globalen Wachstums verbindet sich mit Welteroberungsvorstellungen, die dem Kolonialismus entlehnt sind und in ihrem missionarischen Eifer den »Feldzügen des Christentums« im Zuge der westlich-europäischen Expansionspolitik in nichts nachstehen. So ist davon die Rede, dass Dada »das zentrale Gehirn ist, das die Welt auf sich eingestellt hat«.(12) Mit Globalisierung gehen immer auch Welteroberung und Weltbeherrschung Hand in Hand. Der Dadatropismus, der den Exotismus als Sehnsuchtsphantasie in Spiel bringt, ist ein Entropismus, der alles auffrisst und zum Schwinden bringt. Sich zu vermehren, über die Welt auszubreiten, bedeutet für Dada auch, mit der Welt radikal aufzuräumen, sie auf Null zu reduzieren. Welteroberung schließt Weltvernichtung mit ein, Transnationalisierung Auslöschung. Entgrenzung birgt die Gefahr in sich, alles zu verschlucken. Damit führt der Dadaismus bereits das Dilemma der Globalisierung vor, das inzwischen die Welt in zwei Lager, das der Befürworter der Globalisierung, und das ihrer Gegner gespalten hat. In kritisch-parodistischer Wendung der eurozentrischen Welteroberungsbestrebungen und ihrem Eklat im Ersten Weltkrieg nimmt Dada in seinem Expansionshunger gezielt außereuropäische Kulturen in sich auf, um die abendländische Kultur zu Ende und ihren nationalen Kulturbegriff, der die Idee einer höher entwickelten Kultur einschließt und daher Vormachtansprüche anmeldet, zum Verschwinden zu bringen.

1.6 Medialisierung, Kommerzialisierung und Kapitalisierung
Für den Dadaismus in Wort und Bild, für das dadaistische Geschehen in der Welt.
Was wollte der Expressionismus?(13)

Setzen Sie auf Dada! Die Welt ist nur eine Filiale des Dadaismus. Wir zahlen den Einsatz aller Banken als Gewinn!
Walter Mehring: Enthüllungen(14)

Dem Wunsch nach einem Dada-Imperium, den Dada Tzar, der grand maître der Weltbewegung Dada einmal äußerte, wurde Rechnung getragen erstens durch den gezielten Aufbau von Kunst als ein Produkt, das international markt- und konkurrenzfähig ist, und zweitens durch eine Forcierung der internationalen Beziehungen. Um Dada zu einer Weltbewegung zu machen, war Reisen nötig. Ein wahres Reisefieber griff um sich, von einem neuen Nomadentum war die Rede. Man korrespondierte zunächst rege mit anderen Ländern, um Kontakt aufzunehmen und das neue Produkt »Dada« vorzustellen, reiste zu Präsentationen in der Weltgeschichte herum, führte sogar eine transasiatische Expedition (Walter Mehring) durch und organisierte weltweit Dada-Tournéen. Der Dada-Literat und Dada-Künstler schlüpfte in die Rolle eines Produzenten und Geschäftsreisenden, eines Journalisten und Referenten für Presse- und Öffentlichkeitsarbeit. Auf die mediengerechte Konzeption von Dada als Produkt antwortet die Vermarktung als moderne Vollzugsform der Weltgesellschaft. Alle nur erdenklichen Medien und Distributionskanäle werden instrumentalisiert, um Dada als Markenartikel zu propagieren und weltweit zu vertreiben. Man ist publik in Zeitungen und Zeitschriften, nutzt Pamphlete und Flugblätter und veranstaltet sogar Werbeaktionen, die als Vorformen von Happening und Aktionskunst gelten können. Darüberhinaus versucht man sich selbst zu vermarkten auf internationalen Verkaufsmessen und mithilfe von Dada-Dokumentationen wie dem Dadaco und Dadaglobe, die mit dem Ziel entstanden waren, die weltweite Verbreitung von Dada vorzuführen und weiter zu forcieren. Wenn es darum ging, die Globalität von Dada unter Beweis zu stellen, scheute man sich nicht einmal vor Ortsfälschungen. Zur eigenen Vermarktung gehörte auch ein gerüttelt Maß an Selbstinszenierung, das in dem Moment alle Aktualitäten sprengte, als Huelsenbeck noch zu Lebzeiten der Bewegung bereits mit einer »Geschichte des Dadaimus«, den dadaistischen Memoiren aufwartete. Man wollte Kapital herausschlagen, wo es nur ging, verleibte sich die Reklame und die Geschäfte als poetische Elemente ein, um »Makler an der Chicagoer Produktenbörse«(15) zu werden, um selbst weltweit Geschäfte zu machen. Die »Internationale des Geistigen« verband sich mit einer »Internationale des Materiellen« zu geistigem Kapital.

1.7 Transdisziplinarität und multiple Identität
Dadaismus setzt durchaus eine ernstliche Beschäftigung mit nahezu allen Gebieten des Lebens, der Metaphysik, der Psychologie, der Kunst usw. voraus.
Zur Theorie des dadaismus von daimonides.(16)

Der Dadaist ist ebenso Künstler wie Aalanbeter, ebenso globe-trotter wie Metaphysiker, ebenso Mantiker wie Geschäftsmann.
Zur Theorie des dadaismus von daimonides.(17)

Dada ist eine Bewegung, die Deterritorialisierungen an allen Fronten betrieben hat. Das Überschreiten des Eigenbereichs und Überwechseln in benachbarte bzw. fremde Gebiete wurde zur Pflicht, zur Manie. Dada war gewillt, sich neugierig auf alles Unbekannte zu stürzen und es aufzunehmen. Um das Monaden- und Monarchentum der bürgerlichen Kunst zu überwinden, definierte sich Dada nicht nur als transnationale, sondern auch als transdisziplinäre Organisationsform bzw. -methode. Wie der Dadaist als Künstler heterogene Selbtdefinitionen in sich zu vereinen suchte, so wagte die Kunst den Sprung in die verschiedensten Lebensbereiche und Fachgebiete: sie anthropologisierte, soziologisierte, ökonomisierte, medialisierte, politisierte, urbanisierte etc. In diesem Sinne formte Dada Kunst zu Kultur - globaler Lebenskultur. Denn das transkünstlerische und transdisziplinäre Modell des Übertritts von Kunst in Leben, in Lebenskultur kann in gleichem Maße wie das Universalismus-Modell der Abstraktion, der Entleerung von Lebensinhalten, grundsätzlich Transnationalisierung befördern.

2. Dada und die Weltkulturen: Der Sprung nach Asien
Vom Ursprung her war Dada eine europäische Erfindung und, was die Aktivität der Bewegung anbelangte, blieb sie ungeachtet des Ziels, sich über die ganze Welt ausbreiten zu wollen, doch weitgehend auf Europa beschränkt. Die Bestrebungen aber gingen dahin, den europäischen Rahmen und damit auch die Koordinaten der westlichen Kultur zu sprengen. Gerade die Kritik am Eurozentrismus lässt den Blick zu den außereuropäischen Kulturen wandern, wobei der Fokus auf die sogenannt primitiven Kulturen bzw. Naturvölker und auf Ostasien fällt. Dada will zur Weltkultur werden, indem es die Kulturen der Welt in sich aufnimmt. Mit dem ausgeprägten Interesse an außereuropäischen Kulturen steht Dada nicht alleine da, es setzt nur, in neuer Wendung und mit neuem Anspruch, eine Tradition fort, die bereits im letzten Drittel des 19. Jahrhunderts als Exotismus in Erscheinung tritt. Es ist vom Untergang des Abendlandes, vom Untergang der Zivilisation und vom Untergang Europas die Rede. Während die einen den Untergang Europas als Rückkehr der Barbarei interpretieren und in diesem Zusammenhang von der Rückeroberung des Europäischen durch das Asiatische sprechen, das mit dem Chaotischen, Wilden, Amoralischen, mit der »gelben Gefahr« gleichgesetzt wird,(18) sehnen sich die anderen nach einem Zusammenbruch des Kartenhauses der Zivilisation und einer Rückkehr zum Ursprünglichen, Elementaren, das die Naturvölker in Afrika und Austronesien und vor allem auch Ostasien als Oase des Spiritualismus und Holismus repräsentieren. Vom ästhetizistischen Exotismus der Jahrhundertwende grenzt sich Dada jedoch bewusst ab; es verurteilt diesen als Flucht aus der Zeit, als Weltflucht. In Walter Mehrings »Enthüllungen. Historischer Endsport mit Pazifistentoto«, in denen er seine transasiatische Reise vom Goethe-Haus in Weimar bis nach Fesan-pô beschreibt, heißt es: »Sie [die Europäer, Anm. d. Autorin] sammeln die Skalpe des Negers und kriechen in seine Schurzfelle. Sie gehen nach Asien, um ihre Nekrophilie zu befriedigen.«(19) Mehring lehnt den Exotismus ab, weil mit ihm die fremde Kultur auf Distanz gehalten wird; sie bleibt ausgelagert in die Ferne, nur so kann die Sehnsucht nach dem Anderen befriedigt werden. Daher verbinden sich mit Exotismus notwendigerweise immer auch Eroberungsphantasien. Zivilisationsmüdigkeit wird durch imperialistische Expansion kompensiert. Exotismus, der deutsche Kultur als Weltkultur zu implementieren sucht, wird als nationalkulturelles Modell entlarvt. Wenn Dada sich den Kulturen der Welt zuwendet, geschieht dies unter veränderten Vorzeichen. Dada will nicht Flucht vor der Welt, sondern Flucht in die Welt, Verbreitung in der ganzen Welt. Das Fremde soll nicht das krisenhafte Eigene kompensieren, sondern das Eigene soll in die Fremde ziehen, sich mit dem Fremden zu neuen transnationalen Formen verbinden. In diesem Sinne wendet Dada Kolonialisierung in Globalisierung. Walter Mehrings Dadayama-Gedicht legt hiervon Zeugnis ab: Indem es Dadayama als erste Kolonie Dada tituliert, persifliert er den Kolonialismus und Europas Sehnsucht nach Asien als »modernes Importland für Mystik und Askese«.(20) Er verschiebt die Blickperspektive vom Nationalpolitischen zum Weltökonomischen, vom Singularitätsanspruch einer Individualkultur zur Massen- und Unterhaltungskultur, macht aus Hybridkultur, wie sie im Wort Dadayama exemplarisch vorgeführt wird, Weltkultur. Gegensätze werden nicht gegeneinander ausgespielt und ertötet, sondern miteinander verschlungen.

Wiederum spielt die asiatische Kultur eine entscheidende Rolle beim Aufbau einer Weltbewegung, wie sie Dada anstrebt, und zwar in zweierlei Hinsicht. Konträr zum Modell des orientalischen Despotismus, das zum Teil bis heute das Bild von Asien bestimmt, sehen die Dadaisten in Asien seit Jahrhunderten die Gleichheit der Menschen und den Willen nach Gemeinsamkeit grundgelegt. Dieses Gleichheits- als Humanitätsideal wird nun gegen Europa als Herrschaftskultur ins Feld geführt. Der Dadaist Franz Jung sieht »Asien als Träger der Weltrevolution«(21) und will asiatische Solidarität gegen europäische Autorität setzen. Von Osten bzw. Ostasien erhofft man sich die Rückkehr hinter das »principium individuationis«, das negativ als Vereinzelung, Begrenzung, Spaltung erfahren und für die Ausprägung eines zu kriegerischen Auseinandersetzungen führenden Nationalismus verantwortlich gemacht wird. Das ist der eine gesellschaftspolitische Argumentationsstrang, den Sprung nach Asien zu begründen.

Auf der anderen Seite fühlten sich die Dadaisten vom ostasiatischen Weltbild, wie es im Taoismus und Zenbuddhismus zum Ausdruck gelangt, stark angezogen.(22) Dass in den ostasiatischen Lebensphilosophien Gegensätze keine wirklichen Gegensätze, sondern wechselseitige Verschlingungen sind, wie es das Tao-Symbol veranschaulicht, dass Widersprüche und Paradoxien als Grundbausteine des Lebens anerkannt werden, passte den Dadaisten, die aus verschiedensten Kulturen mit dem Ziel zusammen gekommen waren, Gegensätzlichkeiten zu überwinden, bestens ins Konzept. So heißt es im Manifest Dada von Tristan Tzara: »Freiheit! Dada, Dada, Dada, aufheulen der verkrampften Farben, Verschlingung der Gegensätze und aller Widersprüche, der Grotesken und Inkonsequenzen.«(23) Es gäbe genügend weitere Beispiele, die Vorliebe des Dadaismus für den Zenbuddhismus und Taoismus unter Beweis zu stellen. Verwiesen sei hier nur auf das »Manifest Cannibale Dada« von Francis Picabia, in dem alles, was das Leben ausmacht, ins Nichts gewendet wird, ebenso auf die »Theorie des dadaismus«, in der ein berühmter Spruch aus Laotses Taoteking zitiert wird, der vom Prinzip der Umkehr von Existenz in Nichtexistenz spricht. Teilweise wird bis in den Sprachduktus hinein das zenbuddhistische Koan, in dem es um nicht-diskursives, nicht-denkendes Denken geht, imitiert. Dass der Dadaimus in Japan, wo der Zenbuddhismus als Denkrichtung eine starke Schule hatte, so schnell Fuß fassen konnte und dort kurzzeitig so etwas wie eine Dada-Filiale entstand(24), scheint hiermit zusammenzuhängen. Gerade in der Kraft der Negation treffen sich Dadaismus und Zenbuddhismus, Europa und Asien. Eben diese Verneinung, die das Modell für eine Anti-Kunst abgibt, macht es Dada möglich, hinter Zivilisation, bürgerliche Kunst und Bildung zurückzugehen zu einem Elementarismus und Universalismus, der Gegensätze, Widersprüche und Abgrenzungen, auch die zwischen Nationen und Kulturen, West und Ost überwinden kann. So ist Dada in seiner Negationsgeste, die den Destruktionstrieb Europas mit der Annihilierungsphilosophie Ostasiens verkettet, transnational.

3. Interrelationen zwischen Transnationalität und Hypertextualität
Transnationalität in den Künsten, insbesondere in der Literatur tritt als Hypertextualität in Erscheinung. Hypertextualität ist unabdingbare Voraussetzung für Transnationalität. Die neueste Forschung ist sich darin einig, dass es den Hypertext ante Internet, das heißt Formen von Hypertextualität bereits in der Literaturgeschichte gibt und man derselben aus diesem Grunde auch die literaturtheoretischen Attribute des Hypertextes entnehmen kann.(25) Es ist häufig darauf hingewiesen worden, dass die permutationellen Textproduktionstechniken und die emblematischen Textvisualisierungsformen des Barock ebenso wie die experimentelle Literatur des 20. Jahrhunderts die ästhetischen Spielmöglichkeiten des Internet und damit den Hypertext vorweggenommen haben. Gestützt auf Jay D. Bolters These, dass Hypertextualität »die Fähigkeit« ist, »einzelne Elemente in arbiträren Strukturen miteinander zu verbinden, sie zu verlinken«,(26) möchte ich Hypertextualität ante Internet verorten und hier vor allem den Blick zurückrichten auf die experimentelle Avantgarde-Literatur des Dadaismus und auch den Konstruktivismus streifen. Dass dieser Sprung zurück ein Sprung nach vorne ist, belegt die Internet-Literatur selbst, die sich nicht selten in seinen intermedialen und ästhetischen Spielformen auf den Dadaismus rückbezieht.(27)

3.1. Synthese von Text und Bild
Transliterarisierung kann als zentrale Entgrenzungsstrategie der Avantgarde-Literatur gelten. Eine Möglichkeit zur Überwindung der Nationalliteratur bietet die Überschreitung des eigenen Gebiets, des eigenen literarischen Territoriums. Vom Grenzübertritt in den Bereich der bildenden Kunst verspricht man sich die größte Befreiung und auch den größten Nutzen. Denn: Über den Weg der Visualisierung erhält die »Buch«-Literatur die Chance, transnational in Erscheinung zu treten und damit international rezipierbar zu sein. Deterritorialisierung ist immer an Reterritorialisierung gekoppelt. Darauf haben Gilles Deleuze und Claire Parnet in »Dialogues« hingewiesen. Bei den Avantgardebewegungen führt der Wunsch nach Deterritorialisierung zu Reterritorialisierung im Bereich der Optik. Der Bildraum verdrängt den nationalen Literaturraum, der an Sprache rückverwiesen ist, und expandiert in den öffentlichen Raum. Eine neue Bildsprache soll die Nationalsprache ersetzen. Die Topographie der Typographie erlaubt es, zu deterritorialisieren, Raum und auch Zeit zu überwinden. Bei der neuen Literatur handelt es sich um sprachlichen Ge»Bild«e, typografische Gestaltungen, und eben diesen verdankt sie ihre Internationalität. Der Hinweis auf die »internationalen Publikationen der Dadabewegung« bleibt bei El Lissitzky, dem Programmatiker einer »Topographie der Typographie«, nicht aus(28), und auch die Vision einer transnationalen Online-Bibliothek ist bereits mitgedacht, wenn es in der gleichnamigen Programmschrift über das neue Buch heißt: »Der gedruckte Bogen überwindet Raum und Zeit. Der gedruckte Bogen, die Unendlichkeit der Bücher muß überwunden werden. DIE ELEKTRO-BIBLIOTHEK.«(29) Mit dem Ziel, die nationalsprachlichen Grenzen der Literatur, wie sie vom reinen Buchstabenbuch bestimmt werden, zu überwinden, fasst El Lissitzky für die Zukunft eine neue Darstellungsform von Literatur, das hieroglyphische Buch ins Auge: In »Unser Buch« spricht er davon, dass »die nächste Buchform plastisch-darstellerisch sind wird. Wir können sagen, dass 1. das hieroglyphe Buch international ist (mindestens in seiner Potenz), 2. das Buchstaben-Buch national, und 3. das kommende Buch anational sein wird; denn um es zu verstehen, muss man am wenigsten lernenMit der Forderung eines zukünftigen anationalen Buches bewegt sich El Lissitzky bereits im Rahmen über- bzw. transnationaler Konzepte. Natürlich ist das anationale, sich räumlich über die ganze Welt verbreitende Buch noch mehr theoretische Forderung als Realität. Dennoch treibt El Lissitzky die De- und Reterritorialisierung des Buches in Umsetzung der Kunstlosung, Leere in Raum zu verwandeln, intensiv voran. Der Buchstabe wird zur Fläche expandiert, das Wort soll nun, in Verkehrung des herkömmlichen Text-Bild-Verhältnisses, die Darstellung illustrieren und das Buch, »in einzelne Seiten zerrissen, hundertfach vergrößert und farblich gesteigert«,(30) entschwindet als Plakat in den öffentlichen Raum.

El Lissitzkys Plädoyer für ein hieroglyphisches, (bild-)zeichensprachliches Buch entspringt dem Wunsch nach einer Universalsprache, die Verständigung zu leisten vermag über nationale, sprachliche, kulturelle, soziale und Bildungsgrenzen hinweg. Der »typographic turn« in der Literatur ist daher im Ansatz transnational, translingual, transkulturell und transsozial und antizipiert in seiner Synthese von Sprach- und Bildzeichen die Universalsprache des Internets als nonverbale Kommunikation via Emoticons. Bei der Suche nach einer Universalsprache wird der Blick häufig in trans-sprachkultureller Überschreitung der westlichen Buchstaben-Sprachen nach Asien gerichtet, weil das System der »Schriftzeichen«-Sprachen bereits die Synthese von Sprache und Bild im Ideogramm aufweist. So erwähnt El Lissitzky die chinesische Sprache, wenn er die Hieroglyphe ins Spiel bringt(31), und auch Eugen Gomringer, der Vater der konkreten Poesie, verweist darauf, dass der Ausdruck »Konkrete Poesie« zum ersten Mal im Zusammenhang mit einer Studie von Fenellosa fiel, die »The chinese written character as a medium of poetry« überschrieben war, und es daher auch nicht überraschen würde, dass »bewusst oder unbewusst viele gute leistungen der konkreten poesie auf dem hintergrund der chinesischen sprache entstanden«(32) seien. Im selben Satz fällt auch der Gedanke, dass das Chinesische selbst »ein großes sprachspiel« sei, was wiederum die Sprachspiele der konkreten Poesie zu hypertextuellen Vorläuferexperimenten für die Netzkunst im Spielmedium Internet werden lässt. Der Sprung in den ostasiatischen Kulturraum als Sprung ins Schrift-Bild-System von Sprache und damit in die Zeichensprachlichkeit soll transnationale Kommunikation garantieren. Sobald Sprache als Gebilde aufgefasst wird, kann sie sich, wie es Gomringer in seinem Essay über »die konkrete poesie als übernationale sprache« formuliert hat, »mühelos polyglott verhalten«(33) Gomringers Sprachgebilde, seine Sehtexte, Ideogramme, Konstellationen dienen alle dem einen Zweck, eine universale Gemeinschaftssprache zu bilden. Aber nicht nur als Bildsprache, sondern gerade auch als isolierende Sprache kann das Chinesische - wohlgemerkt neben dem Englischen, das Gomringer ebenso als isolierende Sprache klassifiziert - großen Anteil an der Verwirklichung einer neuen Gemeinschaftssprache haben. Hier zeigt sich wieder einmal, wie eng Universalisierung und Differenzierung, Globalisierung und Fragmentierung zusammen hängen. Denn gerade durch die Limitierung der Komplexität des Sprachsystems, die Begrenzung auf ihre »Elementarteilchen« entstehen Pattern für eine Universalsprache. An den »Grenzgängen« konkreter Poesie zwischen Text und Bild zeigt sich, dass die Konstruktion einer übernationalen Sprache, sprich Universalsprache, die im Konstruktivismus und Dadaismus ein zentrales künstlerisches Anliegen ist, ein minimialistisches, reduktionistisches Modell ist, das sich auf Lesen als Sehen und damit auf eine »entsprachlichte«, im Grunde genommen nonverbale Kommunikationsform stützt, die dem (Multi-)Lingualismus eine Absage erteilt, weil sie im Kern bereits translingual, d.h. jenseits von Sprache zu verorten ist.

Dass gerade der konkreten Poesie, die über die Intermedialität von Text und Bild zu einer Übernationalität vorzustoßen bestrebt war, der Sprung in die Internet-Literatur problemlos gelungen ist, spricht für ihre Hypertextualität. So hat Reinhard Döhl, seines Zeichens zunächst konkreter Poet, dann Mitglied der Stuttgarter Gruppe, zusammen mit Johannes Auer digitale visuell-konkrete Poesie, sogenannte Poem Art produziert. In einem gemeinsam verfassten Aufsatz mit dem Titel »Text - Bild - Screen // Netztext - Netzkunst«(34) wird die aktuelle Entwicklung vom Netztext zur Netzkunst im größeren historischen Zusammenhang eines Wechselspiels zwischen Schrift und Bild gesehen. Dabei wird besonderes Augenmerk auf die Avantgarde gerichtet. Die Autoren verweisen auf die Bild-Text-Relation bzw. das Verhältnis von Bild(objekt) und Titel bei Duchamps Readymades sowie die Verwischung der Kunstgrenzen in Schwitters Merz-Gesamtkunstwerk. Das berühmte i-Gedicht wird zudem die historische Tradition der Emblematik gestellt, um eine Linie der Text-Bild-Korrespondenzen vom Barock bis zum digitalen Hypertext zu ziehen. Wie schon bei den Konstruktivisten, explizit formuliert und gefordert von El Lissitzky, geht es um Lesen als Sehen, um die Optik des Textes. In dem Maße, in dem der Text gesehen wird, transformiert er zur Textur, zum Gewebe, zum Netz, und in eben dieser Struktur wird er zum Hypertext. Transnationalität speist sich also im Frühstadium aus der Intermedialität der Künste. Erst später gesellen sich andere Formen der Grenz(über)gänge wie Intertextualität, Interdisziplinarität, Transautorschaft etc. hinzu.

4. Literatur - Kunst - Transnationale Kommunikation
Der Weg vom Dialog der Künste zu einer dialogischen Kunst, wie sie sich heute in der interaktiven Netzkunst realisiert, führt über den Dialog der Künstler - und den Tod des Künstlersubjekts als Individuum. Diese Verständigung zwischen den Künstlern über nationale Grenzen hinweg, die auch als Geburtsstunde der interkulturellen Kommunikation gelten kann, wurde maßgeblich initiiert und getragen von der Konstruktivistischen Internationale, die sich als Schöpferische Arbeitsgemeinschaft(35) verstand. Bereits Kandinsky ersehnt in Reaktion auf den Krieg als Erfahrung der Abgrenzung und Zersplitterung die Vereinigung aller geistig Schaffenden zu einem »Großen Geistigen«, einer »Großen Synthese«. Im »Gründungsaufruf der Union fortschrittlicher Künstler« heißt es:

Die durch die politischen Ereignisse zerrissenen Verbindungsfäden wurden gesucht und sind nun wiedergefunden ... Die traurige Abgeschlossenheit der Geister muss endlich zu Ende gehen. Die Kunst braucht die Verbindung der Menschen, denen sie innewohnt. Jenseits von allen Staatsfragen und ohne den leisesten politischen Hintergedanken und eigensüchtigen Nebenzweck muss es auch für uns heute heißen: ‚Künstler aller Länder vereinigt Euch!' Die Kunst muss international werden, oder sie wird aufhören zu sein.(36)

Auch wenn Kandinsky politische Implikationen leugnet, ist das Ziel der Konstruktivistischen Internationale ein auf die Ebene der Ästhetik transponiertes politisches, nämlich die Überwindung des Nationalismus. Diese wird an die Überwindung des übermächtigen Individualismus und Subjektivismus gekoppelt. Wiederholt ist von der »Unbrauchbarkeit individualistischer Einzelproduktion der vergangenen Epoche«(37) die Rede, insbesondere die Gruppe »De Stijl« und ihr Wortführer Theo van Doesburg sprechen davon, dass die Künstler der Gegenwart, »getrieben durch ein und dasselbe Bewusstsein in der ganzen Welt, auf geistlichem Gebiet teilgenommen haben am Weltkrieg gegen die Vorherrschaft des Individualismus, der Willkür.«(38) Die Kritik am Personen- und Künstlerkult mündet in den Wunsch nach Entindividualisierung der Kunst, sprich Kollektivierung und damit auch Entgrenzung von Kunst sowohl im Hinblick auf die vereinzelten Kunstsparten als auch die Trennung von Kunst und Leben. Gefordert wird eine Kooperation unter den Künstlern der verschiedenen Kunstbereiche aber auch zwischen Künstlern und anderen Berufs- bzw. Gesellschaftsgruppen wie Ingenieuren, Intellektuellen, Arbeitern etc. Bei der sich als schöpferisch deklarierenden Arbeitsgemeinschaft der Konstruktivistischen Internationale entspringt dem Wunsch nach Entindividualisierung und Depersonalisation die Forderung nach einer universell gültigen und allgemein verständlichen Kunstsprache. Die Abstraktion gibt hier das Mittel an die Hand, Kunst international kommunizierbar zu machen. Auf dem Weg der gegenstandslosen Kunst und der Konstruktion von Elementarteilchen als Vokabular einer Kunstsprache, die sich autonom nur über sich selbst verständigt und mittels eben dieser Selbstbeschränkung global verständlich sein will, sollen sich die nationalen Künste und Kunsttraditionen transnationalisieren, d.h. in einer »großen Synthese«, genannt Weltkunst aufgehen. Wie wichtig der Gedanke der Kommunizierbarkeit und Allgemeinverständlichkeit der Kunst war, können u.a. zwei Versuche zur Entwicklung einer Kunstsprache belegen: Karl Peter Röhls Piktogramm-Entwurf von 1926 und Werner Graeffs Entwurf für eine Internationale Verkehrs-Zeichen-Sprache von 1923.

Das Universalismus-Modell als Verständigungs- und Gemeinschaftsmodell, das Kommunikation an Kommune rückbindet, birgt jedoch die Gefahr einer Totalisierung in sich. Dass El Lissitzky schließlich in späteren Jahren als Propaganda-Künstler für Stalin wirkte, zeigt, wie schnell der Wunsch nach einer Künstler- als Völkerverständigung, der sich in Universalisierung, sprich Globalisierung zu realisieren sucht, zum Diktat eines Weltherrschaftsanspruches entgleisen kann. Der mit dem Konstruktivismus verschwisterte Suprematismus bringt diesen Überlegenheitsanspruch begrifflich zum Ausdruck. Kasimir Malewitsch, enger Kunstvertrauter El Lissitzkys, hat Suprematismus als Herrschaft definiert, als Herrschaft von Kunst über Welt(lichkeit). Damit ist die Idee, die Erfindung einer autonomen Kunstsprache zum Medium und Motor transnationaler Prozesse zu machen, zum Zerrbild ihrer selbst mutiert. Die Kunst ist zum Ort eines von der realpolitischen auf die ästhetische Ebene gehievten geistigen Nationalismus geworden, der Vereinigung als Vereinheitlichung forciert und sich damit an die Seite totalitärer Ideologien gestellt hat. In der in die Nicht-Gegenständlichkeit getriebenen Abstraktion, die notwendige Bedingung für die Konstituierung von Universalien ist, lauert die Gefahr des Inhumanen, der vergewaltigenden Uniform(al)isierung.

Auch wenn der Dadaismus in puncto Expansions- und Welteroberungsstreben dem Konstruktivismus in nichts nachsteht, so drängt er doch weniger auf eine Uniformalisierung der Kunst mit dem Ziel, eine universale Kunstsprache ins Leben zu rufen. Er präsentiert sich viel offener, freier und aufnahmefähiger, übernimmt die Funktion eines Sammelbeckens für Pluralität und Multikulturalität. Im Dadaismus, so könnte man sagen, sind die Weltkulturen zu Hause, und obwohl Dada alles daran setzt, zu einer globalen Weltkultur zu werden, widersetzt es sich, oft in bewusster Karikierung des Kolonialismus, dem Weltherrschaftsanspruch und lässt die Vielfältigkeit der Kulturen und Sprachen zu Wort kommen. Keine andere Bewegung der Avantgarde hat sich so sehr als Hybridkunst bzw. Hybridkultur verstanden wie der Dadaismus. Wie keine andere Bewegung ist Dada rezeptiv gestimmt und aufnahmebereit für alles Fremde. Dada saugt Welt in sich auf, ohne ihre Vielgestaltigkeit einzuebnen, zu uniform(alis)ieren. Dada versteht sich als Forum für die Welt, wo fremde Kulturen und fremde Sprachen aufeinander treffen, sich austauschen, sich abgrenzen und verbinden können. Gerade die Wechselseitigkeit und Durchlässigkeit zwischen den (Sprach-)Kulturen macht die Weltkulturhaltigkeit von Dada aus, und diese ist, wie wir wissen, Ausgangspunkt bzw. notwendiges Gebot für die Gründung der Bewegung gewesen, die sich aus Vertriebenen und Exilanten, Heimatlosen und Migranten zusammensetzte. Vielsprachigkeit hat daher verschiedene Gesichter.

wurde in vielen Sprachen weltweit zu, über und in Dada publiziert.(39)
waren viele Dada-Autoren aufgrund ihrer Zwei- bis Mehrsprachigkeit in der Lage, beim Verfassen von Gedichten, Texten und Manifesten verschiedene Sprachregister zu ziehen und so in ein und demselben Text je nach Intention und Laune zwischen Sprachen zu switchen.
gab es gemeinschaftliche Textproduktionsprojekte, in denen sich die Einzelsprachen der beteiligten Künstler in poetischer Muliplikation zur Vielsprachigkeit des Gesamttextes verdichteten. Zu erwähnen sind hier vor allem die Gemeinschaftsarbeiten von Hans Arp, Walter Serner und Tristan Tzara(40) sowie Richard Huelsenbeck und Tristan Tzara.(41) Und
kann sich Vielsprachigkeit als mystifizierendes »Reden in Zungen« artikulieren, wenn in unzusammenhängenden und unverständlichen Sprachfetzen gestammelt, wird.(42) In der Vielzüngigkeit schwingt der Wunsch nach einer Gemeinschaftssprache mit. Diese wird im Primitivismus einer (adamitischen) Ursprache, die noch vor dem Sprung vom Laut zum Bedeutungssinn steht und daher als eine Art Phonemsprache bezeichnet werden kann, gesucht. Im ekstatischen Moment des Vorsichhinstammelns werden sprachliche Gebilde transnational und translingual verständlich. Das automatische Schreiben, das vor allem die Surrealisten praktiziert haben, ist in ähnlicher Weise eine Entgrenzungsstrategie, um über den Prozess der Entindividualisierung und Depersonalisation zu einer kollektiven Seinsebene vorzudringen, die über sprachliche und kulturelle, nationale und soziale Barrieren hinweg gemeinschaftliche Kommunikation ermöglicht. Ebenso können das poème simultan(43) sowie presentistische Texte als Versuche verstanden werden, der Vielsprachigkeit als Vielstimmigkeit Ausdruck zu verleihen und dennoch die Einzelsprach-Elemente klanglich in einer Gemeinschaftssprache, Polyphonie in Symphonie aufgehen zu lassen.
Die literarischen Experimente der Avantgarde-Bewegungen haben gezeigt, dass der Weg zu einer dialogischen bzw. polylogischen Kunst über Entgrenzungsstrategien, insbesondere Methoden der Entindividualisierung bzw. Depersonalisation führt. Erst wenn das Subjekt stirbt, beginnt der Text vielstimmig zu sprechen. Diese Einsicht hat Roland Barthes theoretisch fundiert, als er vom Tod des Autors(44) sprach, Schreiben als Sprachvollzug und Sprechakt definierte, den modernen Schriftsteller simultan mit der Entstehung des Textes geboren sah und damit in weiser Voraussicht, aber ungewollt den entautorisierten Text als Hypertext begründete. So überrascht es nicht, wenn Reinhard Döhl, Mitglied der Stuttgarter Gruppe, Hypertexter und Hypertext-Theoretiker, in seinem Aufsatz »Über Ansätze und Möglichkeiten künstlerischen Dialogs und dialogischer Kunst«(45) auf Forderungen nach einer unpersönlichen Dichtkunst (littérature impersonelle) bei Lautréamont(46) und Apollinaire und bereits für Gertrude Stein(47) belegte Versuche automatischer Niederschriften aufmerksam macht und aus dieser Depersonalisationstendenz, die er bei den Dadaisten und Surrealisten fortgeführt sieht, den Schritt zu einer kollektiven Kunst ableitet, die nun, im Zeitalter des Internets, virulenter denn je ist.

Der Dialog der Künste und Künstler geht Hand in Hand. Intermedialität, Interaktion und Internationalität bedingen sich wechselseitig. Das Konzept der poetischen Korrespondenzen zwischen den Künsten wurde zu poetischen Korrespondenzen zwischen Künstlern weiterentwickelt, wobei Vielsprachigkeit ein wichtiges Kriterium und zentrales künstlerisches Anliegen war. So startete die Stuttgarter Gruppe 1995 ein Kollaborationsprojekt, bei dem in der Tradition des japanischen Renga bzw. Renku oder Renshi von mehreren Personen auf dem Post-, Fax- oder dem Wege der e-mail poetische Korrespondenzen mehrsprachig geschrieben wurden. Beim ersten Stuttgarter Versuch mit dem Titel »Auf der nämlichen Erde« waren beteiligt: Gohumila Grögerová und Josef Hiršal aus Prag, Ilse und Pierre Garnier aus Paris bzw. Amiens, Yüksel Pazarkaya aus Istanbul bzw. Bergisch Gladbach, Hiroo Kamimura und Syun Suzuki aus Japan und Reinhard Döhl aus Stuttgart. An die genannten Autoren wurden »Briefe geschickt, in denen 8 Ketten so festgelegt waren, dass jeder der Beteiligten eine der Ketten beginnen und eine zweite schließen und dass, im Umlauf der Ketten, jeder auf jeden Korrespondenten einmal reagieren musste. Für eine abschließende 9. Kette wurden dann 5 weitere Kurzgedichte in Ober- und Unterstrophe getrennt und zur Vervollständigung so verteilt, dass jede der beteiligten Sprachen mit jeder anderen in einem Kurzgedicht zusammenklingen musste.«(48)Versuche, die altehrwürdige japanische Form des gemeinsamen Kettengedichts als Modell kollektiver Textproduktion bzw. Autorschaft wiederzubeleben, gab es seit Anfang der 80er Jahre wiederholt, auf westlicher Seite zum Beispiel von Octavio Paz, Edoardo Sanguinetti, Charles Tomlinson und Jacques Roubaud, in Japan von Makato Ooka und der Kai-Gruppe, in Berlin auf Anregung von Makato Ooka von Hiroshi Kawasaki, Karin Kiwus und Guntram Vesper, auf dem Wege der mail art zwischen Syun Suzuki und Reinhard Döhl. Frühestens seit der Ich-Demontage in Dadaismus, Surrealismus und anderen Avantgarde-Strömungen, die parallel zur Demontage eines nationalistischen Weltbildes und nationaler Heiligtümer erfolgt, und spätestens seit der in den 60er Jahren virulent werdenden Krise des Autors erlebt die kollektive Dichtung ungeahnten Aufschwung. Die Hyperkommunikation im Netz(49), die den Dialog der Künste und Künstler in einen Polylog zwischen Multimedia und Künstlern verwandelt, trägt das ihrige zur Förderung von Autorenkollektiven bei, denen es mehr oder weniger mühelos gelingt, sich »polyglott zu verhalten«, Transnationalität und Vielsprachigkeit spielerisch miteinander verbinden. Dass Asien wiederholt ins Blickfeld rückt, teils sogar eine Art Vorbildfunktion im Rahmen transnationaler Literaturprozesse einnimmt, ist nicht weiter verwunderlich, wenn man bedenkt, dass das Ich und der Autor dort nicht dieselbe markante Rolle gespielt haben wie in der westlichen Kultur, dass Kunst primär als kollaborative Leistung gilt und dass die Grenzziehungen, Abtrennungen und Absonderungen, die von den Ismen der Avantgarde mit weltumspannender Geste überwunden werden sollten, dort nicht in gleicher Weise existent sind bzw. wahrgenommen werden.

© Birgit Mersmann (Seoul)

table of contents: No.13



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ANMERKUNGEN

(1) Gilles Deleuze / Claire Parnet: Dialogues, Paris 1977.

(2) Zitiert nach Hans Arp, Richard Huelsenbeck, Tristan Tzara: Dada. Dichtung und Chronik der Gründer, Zürich 1957, S. 161.

(3) Theo von Doesburg: Was ist Dada? Zitiert nach Richard Huelsenbeck: Dada. Eine literarische Dokumentation, Hamburg 1964, S. 42 f.

(4) Zitiert nach DADA Almanach, hg. von Richard Huelsenbeck, Im Auftrag des Zentralamts der deutschen DADA Bewegung, Berlin 1920, Nachdruck Hamburg 1987, S. 105.

(5) Ebd., S. 107.

(6) In DADA Almanach, a.a.O., S.32 f.

(7) Zitiert nach Dada New York. Von Rongwrong bis Readymade. Texte und Bilder. Hg. von Brigitte Pichon und Karl Riha, Hamburg 1991, S. 19 f.

(8) In DADA Almanach, a.a.O., S.96.

(9) Ebd., S. 97.

(10) Zitiert nach Dada. Eine internationale Bewegung 1916 - 1925, Ausstellungskatalog, Zürich 1993, S. 12.

(11) Zur Theorie des dadaismsus von Daimonides. In: DADA Almanach, a.a.O., S. 54.

(12) Walter Mehring: Enthüllungen. Historischer Endsport mit Pazifistentoto. In: DADA Almanach, a.a.O., S. 63.

(13) Was wollte der Expressionismus? In: DADA Almanach, a.a.O., S. 41.

(14) In: DADA Almanach, a.a.O., S. 81.

(15) Was wollte der Expressionismus?, a.a.O., S. 36.

(16) Zur Theorie des dadaismsus von Daimonides. A.a.O., S. 54.

(17) Ebd., S. 56.

(18) Eine solche Deutung gibt Hermann Hesse in seinem 1919 verfassten Aufsatz »Die Brüder Karamasow oder Der Untergang Europas. Einfälle bei der Lektüre von Dostojewski«. In: Hermann Hesse, Gesammelte Schriften, Frankfurt 1957, Bd. 7, Betrachtungen und Briefe, S. 161-186.

(19) Zitiert nach DADA Almanach, a.a.O., S. 67.

(20) Ebd., S. 66.

(21) So der Titel eines Essays von Franz Jung. In: Dadaismus in Zürich, Berlin, Köln und Hannover, hg. von Klaus Schuhmann Leipzig/Weimar 1991, S. 289 - 291.

(22) Siehe hierzu Richard Sheppard: Dada and Mysticism. In: dada spectrum. The dialectics of revolt, edited by Stephen Joster and Rudolf Kuenzli, Madison 1979.

(23) Tristan Tzara. Manifest Dada 1918. In: DADA Almanach, a.a.O. S. 131.

(24) Ausführlich dargestellt wird dies in Vera Linhartová: Dadaismus - eine Geisteshaltung, in der sich Japan und Europa begegneten. In: Japan und Europa: 1543 - 1929, Ausstellungskatalog, Berlin 1993.

(25) Siehe hierzu Claude D. Conters Aufsatz: Hypertext ante Internet. Der Hypertext aus literaturgeschichtlicher Perspektive. In: Elektronische Literatur, Fußnoten zur Literatur, Heft 47, hg. von Wulf Segebrecht, Bamberg 2000.

(26) J. David Bolter: Writing Space. The Computer, Hypertext and the History of Writing. Zitiert nach: Elektronische Literatur, Fußnoten zur Literatur, a.a.O., S.45.

(27) Zum Beispiel in digitaler Literatur von Johannes Auer alias Frieder Rusmann: Ein Dada ohne Hoffnung. http://www.s.netic.de/auer/dada.htm oder Hartmut Landwehr: Dadadata - die transelektrischen Verse. http://www.hsl.com/dada/. [Anm. d. Red.: Letzter Zugriff auf die genannten URLs am 2002-05-02]

(28) El Lissitzky: Typographische Tatsachen. Aus: »Gutenberg-Festschrift«, Mainz 1925. In: El Lissitzky: Maler, Architekt, Typograf, Fotograf. Erinnerungen, Briefe, Schriften, hg. Von Sophie Lissitzky-Küppers, Dresden 1967, S. 361.

(29) Ebd., S.360.

(30) El Lissitzky: Das Buch. Siehe Fußnote 28, S. 363.

(31) »Wir kennen zwei Arten der Schrift: ein Zeichen für jeden Begriff = Hieroglyphe (heute in China) und ein Zeichen für jeden Laut = BuchstabenAus El Lissitzky: Das Buch, a.a.O., S. 362.

(32) Eugen Gomringer: text, buchstabe, bild. In: zur sache der konkreten poesie, St. Gallen 1988, S. 74.

(33) Eugen Gomringer: die konkrete poesie als übernationale sprache. In: zur sache der konkreten poesie, a.a.O., S.51.

(34) Siehe http://www.s.netic.de/auer/solothurn/solothurn.html [Anm. d. Red.: Letzer Zugriff am 2002-06-06.]

(35) Siehe hierzu den Ausstellungskatalog Konstruktivistische Internationale Schöpferische Arbeitsgemeinschaft 1922 - 1927, Utopien für eine europäische Kultur, Düsseldorf 1992.

(36) Gründungsaufruf der Union internationaler fortschrittlicher Künstler, zitiert nach: Am Anfang. Das Junge Rheinland, hg. von Ulrich Krempel, Düsseldorf 1985, S.57.

(37) In: De Stijl, 5. Heft 8, S.113.

(38) Theo van Doesburg, Rechenschaft der Stylgruppe (Holland) gegenüber der Union internationaler Fortschrittlicher Künstler, 30. Mai 1922. In: De Stijl, 5. 1922, Heft 4, S.59-62.

(39) In welchen Ländern und Sprachen weltweit Publikationen von und zu Dada erschienen, dokumentiert der materialreiche Ausstellungskatalog: Dada. Eine internationale Bewegung 1916 - 1925, Zürich 1993.

(40) Hans Arp, Walter Serner, Tristan Tzara: Die Hyperbel vom Krokodilcoiffeur und dem Spazierstock, Rattaplamsa, Der automatische Gascogner, Montgolfier Institut für Schönheitspflege. Erschienen in: Hans Arp / Hugo Ball u.a.: Dada Gedichte. Dichtungen der Gründer. Zürich 1957.

(41) Richard Huelsenbeck / Tristan Tzara: Dialogue entre un cocher et une alouette. In: Hans Arp / Hugo Ball u.a.: Dada Gedichte, a.a.O.

(42) Realisiert haben diese Form einer universalverständlichen Phonem-Sprache vor allem Hugo Ball in seinen Laut- und Klanggedichten von 1916, Kurt Schwitters in seiner Ur-Sonate und Hans Arp beispielsweise in »te gri ro ro«.

(43) Als repräsentatives Beispiel für ein dadaistisches Simultangedicht kann »L'admiral cherche une maison à louer«, gemeinsam verfasst und vorgetragen von Richard Huelsenbeck, Marcel Janko und Tristan Tzara, genannt werden.

(44) So der gleichnamige Titel eines Essays von Roland Barthes. In: Ders.: Image, Music, Text. Essays selected and translated by Stephen Heath, New York 1977, S. 142 - 149.

(45) Über Ansätze und Möglichkeiten künstlerischen Dialogs und dialogischer Kunst. Vortrag von Reinhard Döhl gehalten in der Stiftung Archiv der Akademie der Künste in Berlin am 16. Mai 2001, publiziert im Internet unter http://www.reinhard-doehl.de/adk_dialog.htm.

(46) In Lautréamonts »Poésies«, die als Vorwort zu den »Gesängen des Guten« konzipiert wurden, heißt es: »Die Zeiten der persönlichen Dichtkunst mit ihren relativen Taschenspielereien und zufälligen Verdrehungen sind vorüber. Nehmen wir den unzerstörbaren Faden der unpersönlichen Dichtkunst wieder auf, der plötzlich, seit der missglückten Geburt des Philosophen von Ferney, seit der Fehlgeburt des großen Voltaire, abgerissen wurdeZitiert nach Reinhard Döhl, Über Ansätze und Möglichkeiten künstlerischen Dialogs und dialogischer Kunst. A.a.O.

(47) Gertrude Stein / Leon M. Solomon: Normal Motor Automatism (1896).

(48) Zitiert nach Reinhard Döhl: Über Ansätze und Möglichkeiten künstlerischen Dialogs und dialogischer Kunst, a.a.O.

(49) Siehe hierzu Rolf Todescos Abhandlung über Hyperkommunikation. In: Beat Suter / Michael Böhler Hgg.): hyperfiction. Hyperliterarisches Lesebuch: Internet und Literatur, Basel/Frankfurt a.M. 1999, S. 113 - 124.



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For quotation purposes - Zitierempfehlung:
Birgit Mersmann: »Weltanschauungen sind Vokabelmischungen«. Deterriorialisierung und Hybridisierung als Entgrenzungsstrategien der Avantgarde. In: TRANS. Internet-Zeitschrift für Kulturwissenschaften. No. 13/2002.
WWW: http://www.inst.at/trans/13Nr/mersmann13.htm.

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Webmeister: Peter R. Horn last change: 04.06.2002


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